Angesichts der Rolle Asiens und insbesondere Chinas in der globalen Schweinefleischwirtschaft wirkt sich eine Veränderung in dieser Region auf den gesamten Globus aus. Der massive Ausbruch der ASP hat nicht nur Auswirkungen auf die weltweite Schweinefleischindustrie, sondern auch auf die anderen Fleischsorten.
Der weltweite Schweinebestand tendierte bereits rückläufig, was in erster Linie der Umstrukturierung Chinas aus Lebensmittelsicherheits- und Umwelschutzgründen geschuldet ist. Nun hat die ASP dazu beigetragen, dass dieser Trend deutlich an Schubkraft gewinnt, trotz der Herdenaufstockung in anderen Regionen. Der Produktionsrückgang des vergangenen Jahres wird sich 2020 noch weiter fortsetzen, weil China Zeit benötigt, um die Herde erneut aufzustocken. Analog zum Produktionsrückgang wird der Verbrauch sinken, mittelfristig aber wieder ansteigen. Angesichts des starken Importbedarfs in Asien floriert der globale Handel, der allerdings durch das limitierte Angebotskontingent gehemmt wird.
Erzeugung
Von 2000 bis 2018 war die globale Schweinefleischerzeugung von einem linearen Wachstum gekennzeichnet, das auf die größeren und produktiveren Bestände mit höheren Schlachtkörpergewichten zurückzuführen ist. Nach den katastrophalen Auswirkungen der ASP auf die Produktion in den Jahren 2019 und 2020 ist davon auszugehen, dass sich die Erzeugung bis 2024 erholt. Die Erholung in China wurde ursprünglich bis Ende 2020 prognostiziert, wird aber wegen des Coronavirus erst Anfang 2021 einsetzen; in den anderen asiatischen Ländern noch später.
Die europäische Erzeugung wird aufgrund des sozialen Drucks auf die Schweinehaltung mittelfristig sinken, während sie in Russland und Amerika steigt. Dank der effizienteren Schweinehaltung und stärkeren vertikalen Integration wird die Produktivität überall zulegen. In Asien werden die sogenannten Backyard-Farmen verschwinden.
Handel
Angesichts der Situation in China und dem übrigen Asien wird der weltweite Handel mit Schweinefleisch im Jahr 2020 weiter zunehmen. Summa summarum gehen zwei Drittel des globalen Imports auf das Konto Asiens, mit China als Hauptabsatzmarkt. In der übrigen Welt stabilisiert sich der Handel aufgrund des begrenzten Angebots und der hohen Preise. Der Export nach Kanada und in die Vereinigten Staaten nimmt ab, weil beide Länder ihre Produktion aufstocken und ihre Importmengen drosseln. In Russland trägt der Protektionismus Früchte. Die Importmengen verharren seit 2018 auf einem extrem niedrigen Niveau. In puncto Ausfuhr mausert sich Russland zum kleinen Exporteur.
Der weltweite Schweinefleischexport wird von vier großen Playern dominiert: Europa, USA, Kanada, und, weit abgeschlagen, Brasilien. Sämtliche Exportländer konzentrieren sich auf die lukrativsten Märkte, was teilweise zu Engpässen auf den eigenen Inlands- und manchmal sogar auf anderen Auslandsmärkten führt.
Verzehr
Der Schweinefleischverzehr entwickelt sich weltweit positiv, mit Ausnahme von Europa, wo die Nachfrage weiter schrumpft. Die Zeiten billigen Schweinefleischs aufgrund der niedrigen Futterkosten in Europa sind vorbei. Der attraktive asiatische Exportmarkt mit seinen Spitzenpreisen entzieht dem europäischen Markt Schweinefleisch und treibt die Preise dort ebenfalls in die Höhe. Darüber hinaus gewinnt die Anti-Fleisch-Bewegung in der Union an Boden, was den Druck auf den Konsum noch erhöht.
Europa
Die europäische Schweinefleischerzeugung hat sich in den vergangenen Jahren bei zirka 24 Millionen Tonnen stabilisiert. Die gute Rentabilität in den Jahren 2016 und 2017 führte 2018 zu einer Produktionssteigerung; dabei geriet der Markt allmählich unter Druck. Der rückläufige Trend im Sauenbestand wird teilweise durch eine höhere Produktivität kompensiert. Langfristig wird der Konsum abnehmen.
2019 war die Erzeugung um knapp ein Prozent rückläufig. Frankreich und Spanien verzeichneten einen Produktionsanstieg, während in den Niederlanden, Deutschland, Belgien und Polen ein Rückgang verbucht wurde. Die großen Lagerbestände des Vorjahres wurden schnell durch die steigende Nachfrage in China abgebaut. Die rückläufige Verfügbarkeit von Schweinefleisch auf dem europäischen Markt zeichnet teilweise für den rückläufigen Verzehr in der Union verantwortlich.
Bedingt durch die nachhaltige Nachfrage auf den Exportmärkten wird für 2020 eine stabile Erzeugung erwartet. Gleichzeitig kündigen sich nachhaltige Preise an, die voraussichtlich sogar steigen. Trotz dieser guten Aussichten gibt es wenig Raum für eine Produktionssteigerung. Nur in Spanien und in einigen Regionen Frankreichs gibt es Expansionsmöglichkeiten. In Osteuropa ist die Afrikanische Schweinepest ein Problem; Nordeuropa (Dänemark, Niederlande, Deutschland und Belgien) ist dem gesellschaftlichen Druck (Tierschutz und Umwelt) und dem demographischen Problem (keine Hofnachfolger sowie Mangel an Arbeitskräften) ausgesetzt. Die chinesische Nachfrage wird normalerweise auch 2020 anhalten, was dem Schweinefleischmarkt gute Perspektiven eröffnet.
Auf längere Sicht (bis 2024) ist ein Produktionsrückgang analog dem Verzehrrückgang eine realistische Prognose. Die großen Player werden ihr Produktionsniveau beibehalten, während ältere Schweinehalter mangels Hofnachfolge den Betrieb schließen.
Vereinigte Staaten
Wachstum ist das Schlüsselwort der amerikanischen Schweinefleischerzeugung. Sowohl Sauen- als auch Schweinebestand verbuchen ein Wachstumsplus von einem bzw. drei Prozent. Die Schlachtzahlen konnten ebenfalls ein Plus von vier Prozent verzeichnen. Der Import war um zehn Prozent rückläufig; im Gegenzug stieg der Export um sechs Prozent. Auch der Verzehr folgte dem positiven Trend und stieg um 2,5 Prozent. Wichtiges Thema waren jedoch die Handelskriege mit Mexiko und China, die letztendlich aber beigelegt wurden. Darüber hinaus strömten die Zusatzkapazitäten der Packer im Laufe des Jahres sukzessive auf den Markt. Die Erzeugung fiel wegen der höheren Produktivitätsrate des Sauenbestandes deutlich höher aus, als erwartet, was wiederum zu enttäuschenden Preisen auf der Erzeugerstufe führte.
2020 wird der Sauenbestand, ebenso wie die Erzeugung, voraussichtlich weiter wachsen. Der Export steigt wegen der starken chinesischen Nachfrage um ein weiteres Viertel. Die Erzeugerpreise erholen sich aufgrund der ASP. Längerfristig werden die Vereinigten Staaten ihre Position als wichtiger Akteur im globalen Schweinefleischexport weiter festigen.
China
2017 entfiel 62 Prozent des chinesischen Fleischkonsums auf Schweinefleisch. Das entspricht einem Volumen von 54 Millionen Tonnen Fleisch. Für 2020 ist eine Fehlmenge von etwa 24 Millionen Tonnen prognostiziert, was in etwa der Hälfte des Verzehrs entspricht. Der Schweinebestand ist um mehr als die Hälfte auf knapp 200 Millionen Tiere gesunken. Das bedeutet, dass alle Hebel in Bewegung gesetzt werden müssen, um den Proteinbedarf im Reich der Mitte zu decken.
Import
Die Importvolumina in China waren in den letzten Jahren recht volatil. Auf das starke Einfuhrplus im Jahr 2016 folgten die eher enttäuschenden Jahre 2017 und 2018, während 2019 ASP-bedingt wieder eine starke Nachfrage (+ 60 Prozent gegenüber 2018) vorherrschte. 2020 wird das Importvolumen weiter steigen, wobei China alleine 40 Prozent des weltweiten Schweinefleischhandels ausmacht. Immer mehr Unternehmen verfügen über eine Direktzulassung für die Volksrepublik; derweil verliert der “graue Hongkong-Kanal” an Bedeutung. Europa bleibt der Hauptlieferant. Die USA sind, trotz der Zölle, und Kanada, trotz des Huawei-Konflikts, ebenfalls wichtige Bezugsquellen. Last but not least vervollständigt Brasilien die TOP-Lieferantenliste. Fakt ist, dass mittlerweile verstärkt größere Stücke und Schlachtkörperhälften im Reich der Mitte nachgefragt werden.
Der Importbedarf Chinas bleibt bis 2024 auf hohem Niveau, was aber nicht ewig währen wird. Die chinesische Regierung räumt dem Wiederaufbau des Schweinebestandes oberste Priorität ein und macht die erforderlichen Ressourcen dafür frei.
Derzeit ist niemand in der Lage, die Fehlmengen Chinas zu kompensieren. Der durch den ASP-Ausbruch verursachte Rückgang des Schweinebestandes führt schätzungsweise zu einer Fehlmenge von 24 Mio. Tonnen. Der Schweinefleischimport wird voraussichtlich weiter zunehmen. Auch der Import von Geflügel- und Rindfleisch dürfte an Fahrt gewinnen, wenn auch in geringerem Maße. Gleichzeitig wird die chinesische Geflügel- und Rindfleischproduktion angekurbelt. Übrig bleibt immer noch eine Lücke von 15 Millionen Tonnen, die nicht gefüllt werden kann. Dies wird zwingend zu einem veränderten Konsumverhalten führen und den Schweinefleischverzehr um 10 bis 15 Prozent schrumpfen lassen.